Umfassendes Vertrauen nur in Gott
Was ist Glaube? „Glaube ist eine feste Zuversicht auf das, was man
hofft“, heißt es im Monatsspruch für Mai, „und ein Nichtzweifeln an dem,
was man nicht sieht“ (Hebr. 11,1). Glaube hat also mit Hoffnung und
einer positiven Einstellung zu tun. Glaube ist Vertrauenssache.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, sagt eine bekannte Redensart.
Sie klingt vernünftig, ist aber unrealistisch. Es geht nicht ohne
Vertrauen. Man muss Vertrauen haben im Leben. Gutgläubig oder
vertrauensselig braucht man trotzdem nicht zu sein.
Wenn ich unser Auto zur Reparatur bringe, muss ich der Werkstatt
vertrauen. Die Mechaniker dort finden den Schaden. Der Meister macht
mich auf zusätzliche Schwachpunkte aufmerksam. Er sagt mir, was es
ungefähr kosten wird. Dann erteile ich den Auftrag. Ob wirklich alles
nötig ist, was sie angeben, kann ich nicht beurteilen. Ich vertraue der
Werkstatt. Die Leute dort sind ja vom Fach. Und wenn sie die Reparatur
beendet haben, setze ich mich ans Steuer und fahre los. Ich habe keine
Todesangst, wenn ich den Zündschlüssel drehe. Ich bin ganz
zuversichtlich, dass mein Auto wieder in Ordnung ist. Trotzdem horche
ich zunächst auf das Motorengeräusch, achte auf die Räder, bremse wohl
auch zwei-, dreimal zur Probe. Eine echte Kontrolle ist das nicht. Es
beruhigt aber, wenn ich merke, dass alles funktioniert. Es bestätigt
mein Vertrauen.
Ich habe es nicht anders erwartet, denn die Werkstatt hat sich auch
sonst als zuverlässig erwiesen. Trotzdem würde es mir nicht in den Sinn
kommen, den Mechanikern dort auch die Sorge für die Gesundheit meiner
Frau, die Erziehung meines Enkelkindes oder die Pflege meiner kranken
Schwester anzuvertrauen. Dafür sind andere zuständig, zu denen ich auch
Vertrauen haben muss. Zu viel Vertrauen zu den Fähigkeiten einzelner
Menschen ist nicht gut.
Umfassendes Vertrauen, unbegrenzte Hoffnung habe ich eigentlich nur
zu Gott. Gott kann mir auch in schwierigen, sogar in aussichtslosen
Situationen helfen. Daran glaube ich. Gott hilft nicht immer so, wie ich
es mir vorstelle. Eigentlich versuche ich, meine Erwartungen ihm
gegenüber möglichst offen zu lassen, ihm nichts vorzuschreiben. Ich
nenne ihm nur meine Fragen, meine Probleme. Er weiß viel besser als ich,
was für mich richtig ist. Er sieht auch, was ich nicht sehe. Aber dass
es auf jeden Fall das Gute, Hilfreiche, Weiterführende sein wird, was er
schickt, daran zweifle ich nicht. Ich stelle mich darauf ein und tue
selbst, was ich tun kann. (Friedemann Seiler)